18.3.06

Schützengräben verlassen!

Seit fast zehn Jahren habe ich mich nicht mehr zum Nationalpark geäußert, einfach weil es mir angesichts des Ausmaßes des Bergwaldsterbens die Sprache verschlagen hat. Die scheinbare Vorsätzlichkeit der unterlassenen Hilfeleistung für den Wald hat mich sehr getroffen und mir manche Illusion zerstört. Und dennoch meine ich noch immer, dass die Entscheidung für die Parkerweiterung richtig war. Der Nationalpark wird bald auch wirtschaftlich nicht mehr wegzudenken sein. Es wird höchste Zeit, dass Gegner und Befürworter ihre Schützengräben verlassen und die weitere Entwicklung kritisch, aber konstruktiv begleiten. Diejenigen, die den Park in den Himmel loben und nicht die geringste Kritik daran vertragen und die Menschen am Liebsten aussperren möchten, müssen ihre Haltung grad so überprüfen wie jene, die den Park am liebsten für alle Waldschäden außerhalb verantwortlich machen würden.

Gerade letzteres wird durch die ständige Wiederholung nicht wahrer. Ausgedehnte tote und schwerkranke Waldstücke, etwa am Arber und Rachel, an der Donau oder im Allgäu habe ich schon vor 25 Jahren beobachtet und in Liedern besungen. Dass man heute in den Bergwäldern außerhalb des Parks kaum Baumgerippe sieht, bedeutet nur, dass man die kranken Bäume eben fleißig herausholt. Manche unserer Höhenzüge sind schon beängstigend kahl und auch in Tallagen lassen viele Fichten ihre Zweige wie Lametta hängen.

Dass auf den meisten Totholzflächen im Park ein junger Wald nachwächst, kann heute wohl niemand mehr ernsthaft bestreiten. Daran habe ich aber auch niemals gezweifelt, denn wieviel Aufwand ist für die Offenhaltung der Schachten nötig und wieviel zehntausende von Schösslingen müssen da immer beseitigt werden! Und gerade wir Zwiesler wissen, dass die Natur ihre Bäume sogar auf einem Kirchturm wachsen lässt. Greuelgeschichten, dass auf den Hochflächen keine Vögel mehr leben, kann jeder selber überprüfen, natürlich muß er sich die richtige Zeit dafür aussuchen. Auf dem Weg zum Lusen habe ich an einem frühsommerlichen Regentag soviel Vogelgesang erlebt, wie man es sonst nur in einem Auwald hört.

An die Parkverantwortlichen möchte ich appellieren, so wenig zu verbieten, wie unbedingt nötig. Wenn Wanderfalken an einem Wanderweg brüten, dann zeigen sie, dass sie die Gefahren anders einstufen, als manche Vogelschützer. (Die meisten Falken leben übrigens in den Häuserschluchten von New York...) Und dass man Pferde und Reiter so vollständig aus dem Park aussperrt, ist durch nichts zu begründen, außer durch bürokratische Regelungswut und vorauseilende Befürchtungen. Es genügt denjenigen die rote Karte zu zeigen, die dazu Anlass geben. Der Nationalpark wird von der Bevölkerung nur dann geliebt werden, wenn er nicht den Eindruck eines Staates im Staate vermittelt. Und nie vergessen: Wir Menschen sind auch Natur und gehören ebenfalls geschützt!

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