"Darin, dass in Israel Nationalsozialismus grob mit Auschwitz gleichgesetzt wird, liegt das große Problem. Das, was nach Auschwitz führte, wird nicht thematisiert und problematisiert, vielleicht weil so die israelische Gesellschaft klare Warnzeichen ignorieren kann, die ein historischer Vergleich hervorrufen könnte."

Moshe Zimmermann, Geschichtslehrer der Hebräischen Universität in Jerusalem


Du äußerst dich seit Jahrenimmer wieder kritisch zu Israel. Was empört dich eigentlich an Israel so sehr?

 

Die fehlende Bereitschaft der Zionisten mit Menschen anderen Glaubens als Gleiche unter Gleichen zusammen in einem Staat zu leben.

Doch wer das kritisiert, verweigere Israel sein Existenzrecht, so schallt es Kritikern von jüdischen Nationalisten dann immer entgegen. Doch soweit ich es verstehe gibt es wohl niemanden, der das Existenzrecht der Juden in Palästina in Frage stellt, die meisten von ihnen sind mittlerweile auch dort geboren und aufgewachsen, Palästina ist also ihre Heimat. Sehr wohl darf aber ein Staatsgebilde in Frage gestellt werden, das alle Züge eines Apartheitsstaates hat und das seit Jahrzehnten Krieg nach innen und außen führt und seine Nachbarn mit atomarer Vernichtung bedroht. 

 

In der ziviliserten Welt ist es heute normal, dass Menschen verschiedener Herkunft, Sprache und Glauben ihr Land gemeinsam organisieren und – zumindest nach dem Gesetz – als Gleiche gelten. Wenn das irgendwo ein Volk, so wie in Deutschland unter Hitler, anders macht, dann stellt es sich außerhalb der zivilisierten Nationen. Die jüdische Führung in Israel fordert Toleranz und Achtung überall, wo Juden als Minderheit leben, doch im eigenen Land ist man dazu nicht bereit.

 

Aus dem Iran hört man aber, man wolle den Staat Israel ausradieren…

 

Ich verstehe das so, dass damit das rassistische jüdische Staatsgebilde gemeint ist, das seine Nachbarn bedroht und sich wie ein Flugzeugträger Amerikas aufführt. Selbstverständlich hat jeder Mensch auf diesem Planeten ein Recht dort zu leben, wo er geboren wurde oder wo er seit längerem lebt. Das gilt für die Israelis ebenso wie für die Palästinenser. Eine Vertreibung oder Ermordung der Juden könnte die Weltgemeinschaft niemals akzeptieren.  

 

Und welche Idee schwebt dir vor, die endlich zu Frieden in Palästina führen könnte?

 

Ich glaube nicht an eine Zweistaatenlösung, bzw. wenn, dann nur ohne Jerusalem, weil diese Stadt allen Religionen gehört. Meine Idee: übergangsweise ein Palästinenserstaat und ein Judenstaat und ein freies, multikulturelles Jerusalem, in dem die Volksgruppen das Zusammenleben üben, bis sie einmal zu einem einzigen Staatsgebilde zusammenwachsen. Das wird aber nur funktionieren, wenn jede Seite ihre religiösen Fanatiker kontrolliert, was aber vielleicht nie möglich sein wird. Wenn es möglich sein sollte, dann nur in einem säkularen Staat, in dem Religion nichts in der Politik zu suchen hat und nur das sein darf, was sie sein soll: Privatsache!


Nachtrag:

Um den 10.2.12 eskalierte die Gewalt wieder nach dem seit Jahren bekannten Muster:

Netanjahu ließ mit einem Luftschlag in Gaza einen Palästinenserführer ermorden, die Palästinenser antworteten mit "Raketen", also ihren Feuerwerkskörpern, die aber kein Ziel trafen. Als Reaktion führten die Israelis weitere Luftschläge, bei denen etwa dreißig Palästinenser starben, darunter Frauen und Kinder. Es wird die Zahl von 70 Verletzten genannt.

Die Weltgemeinschaft schweigt, zumindest bis jetzt, und muß sich Netanjahus scheinheilige Forderung an den Sicherheitsrat anhören, man fordere Schutz vor den ständigen "Raketenangriffen". Und seinen Schluß, dass die Angriffe nicht aufhören würden, solange Iran nicht niedergekämpft sei...