Liad vo da Menschkettn

Opus 249/ 1983

 

Spätere Generationen werden es wohl kaum glauben: Staaten, die sich selber als zivilisiert betrachteten, haben im 20. Jahrhundert aus ideologischen Gründen zum tausendfachen Overkill fähige Massenvernichtungs­waffen gegeneinander gerichtet. Und die meisten Atomraketen waren auf Ziele in Deutschland gerich­tet, die der Russen grad so, wie die der Amis, der Eng­länder und der Franzosen. Und die deutsche Regie­rung unterstützte vasallentreu die US - Amerikaner und sprach sich für weitere Raketen aus, die sogenannten Pershing 2, mit denen sogar Moskau in wenigen Minuten getroffen werden konnte, was eine ganz neue Qualität der Bedrohung darstellte. Schon ein Computerfehler konnte einen Fehlstart und den Gegenschlag und somit die absolute Katastrophe auslösen. Wenn man das alles weiß, kann man sich nur wundern, warum es keine Menschenkette von Hamburg bis München gab. Aber immerhin, über 110 Kilometer reichte die Menschenkette über die schwäbische Alb, und auch diese wird auch niemand vergessen, der dabei gewesen ist.

 

Am zwoarazwanzigstn Oktoba

mittags kurz voa oans,

ware geng Atomraketn

nimma mehr alloans!

 

Vo übaroi sands zuarakemma

und hamd a Menschnkettn gmocht,

Junge, Oite, Weiba, Manna,

hom dischgriad und glocht.

 

Weit üwa hundat Kilometa,

no nia hods so ebbs gem,

is oa Mensch nem am andan gschdandn,

demonstrativ fürs Lem!

 

Vo Schtuttgart bis Neu-Ulm

des glaubst ned,

hom se d Menschn greiht,

und wenn ma d Kettn a weng dehnt häd,

häds woih no bis Minga greicht!

 

Und wiare do so gschdandn bin

ois Gliedal in da Kettn,

howe fast voa Hoffnung gwoand

und mi datappt beim Betn:

„Herrgod, wenns de wirkle gibt -

schenk de Politika a Hian!

Waas sunst den scheena Planetn

ganz und goa no ruinian!“